Studentisches Wohnen

„Wohnheimplätze da, Studierende weg“
Zum ersten Mal seit Bestehen des Studierendenwerks gab es keine 100%ige Belegung der Wohnheimplätze. 4,7 Prozent unserer Wohnheimplätze waren wegen der Pandemie nicht vermietbar (Stichtag 31.12.2020)“.

Andreas Schülke – kommissarischer Leiter der Abteilung Wohnen

Abb. 1: Bis auf Germersheim liegen alle Standorte weit unter dem Landesdurchschnitt. In Germersheim liegt das positive Ergebnis an den seit Jahren stark sinkenden Studierendenzahlen bei gleichbleibendem Wohnraumangebot.
Abb. 1: Bis auf Germersheim liegen alle Standorte weit unter dem Landesdurchschnitt. In Germersheim liegt das positive Ergebnis an den seit Jahren stark sinkenden Studierendenzahlen bei gleichbleibendem Wohnraumangebot.

Unser Geschäftsjahr
Könnten wir die Berichterstattung nur auf das erste Quartal des Jahres 2020 beschränken, dann hätte das Geschäftsjahr 2020 ein überaus erfolgreiches werden können. Gleich zwei Projekte für die Schaffung von dringend benötigtem, zusätzlichen Wohnraum für Studierende nahmen sehr positive Formen an:
  • Der Bezug des gemeinsam mit ALDI projektierten Wohnheims in der Maximilianstraße 34 mit 65 modernen und sehr gut ausgestatteten Wohnheimplätzen ließ auf einen Bezug zum Jahreswechsel 20/21 hoffen,
  • Der Verwaltungsrat gab uns grünes Licht für das mit ca. 10 Millionen Euro projektierte Bauvorhaben in der Landauer Paul-von-Denis-Straße mit geplanten 110 Wohnheimplätzen. Der Kaufvertrag für das Grundstück wurde daraufhin bereits mit der Stadt ausgearbeitet.

Leider hatte das Jahr aber noch drei weitere Viertel. Im Grunde ist 2020 auf zwei einfache Formeln reduzierbar, die wir schmerzlich erfahren mussten:
Digital Studierende im Lock-Down mieten keine Wohnheimzimmer und, eine Krise ist nur dann eine Chance, wenn man zumindest absehen kann, wie lange sie dauert und wie es danach weitergeht. Ansonsten bleibt nur Planungsunsicherheit, was wohl das Schlüsselwort für unser Geschäftsjahr im studentischen Wohnen ist.

Projekte, welche die Wohnraumsituation langfristig verbessern, mussten warten. 2020 war schlicht noch nicht zu beurteilen, ob der studentische Wohnungsmarkt an unseren Standorten je wieder zu seiner alten Stärke zurückfinden würde. Es war unklar, wie stark und wie lange die „digitale Hochschule“ das Bild der Hochschul-Zukunft prägen würde. Aus planerischer Sicht ist das Geschäftsjahr für uns daher ein verlorenes Jahr. Ärgerlich, dass attraktive Projekte wie der Neubau des Wohnheims in der Landauer Paul-von-Denis-Straße nicht weiterverfolgt werden konnten.

Digitale Initiative
Positiv zu nennen ist, dass wir die digitale Versorgung unserer Wohnheime stark vorangetrieben haben. Zum 31.12.2020 war die WLAN-Ausstattung des Wohnheims in Ludwigshafen mit 174 Bewohner*innen komplett abgeschlossen. Hier konnte mit der Installation eines Gigabit-Switches die Leistung verdreifacht werden. In Germersheim wurde die Ausstattung in einem von drei Wohnheim-Gebäuden ebenfalls abgeschlossen und wird gegenwärtig weitergeführt. Unsere Wohnheime in Landau und Worms kommen 2021 an die Reihe.
Wir wollen die WLAN-Ausstattung für alle – mit dem neuen ALDI-Wohnheim – 970 Plätze auf ein neues Level heben. Eine sehr gute und stabile Internetverbindung wird unserer Ansicht nach immer wichtiger für Studierende. Auch in Hinsicht darauf, dass der Anteil der digitalen Lehre und der digitalen Angebote wie beispielsweise Vorlesungen im Live-Stream mit Sicherheit größer sein wird als vor der Pandemie.

Leerstand nicht zu vermeiden
Trotz umfangreicher, kreativer und weitreichender Kampagnen und trotz alternativer Vermietungsformen wie Kurz-Frist-Vermietungen und Vermietung an Dritte auf Zeit konnte unser Mietausfall nicht komplett wettgemacht werden und der Wohnraum nicht vollständig belegt werden. Der auf Studierende konzipierte Wohnraum kann nur in begrenztem Maß für andere Gruppen zugänglich gemacht werden. Hier war der Aufwand für eine Ertüchtigung zur Vermietung an Dritte meist größer als der wirtschaftliche Nutzen. Dazu kam, dass während der Lock-Down-Phasen wegen fehlender Freizügigkeit das Mietinteresse naturgemäß eher gering war. Die Vermietung an Dritte schuf darüber hinaus eine Konkurrenz-Situation zur lokalen Hotellerie, die ebenfalls versuchte, leerstehende Zimmer langfristig zu vermieten.

Entgegen diesen denkbar negativen Voraussetzungen hat das Team der Abteilung Wohnen alle Register gezogen, um die finanziellen Ausfälle durch Leerstand so gering wie möglich zu halten. Durch Vertragsverlängerungen über die ansonsten übliche maximale Mietdauer hinaus und zeitweise Aufhebung der Vergaberichtlinien für studentischen Wohnraum ist uns das gelungen: Unser Mietausfall blieb im Geschäftsjahr insgesamt „nur“ vierstellig. Immer noch ein signifikanter Rückgang, wenn man bedenkt, dass sich in normalen Jahren 4 bis 5 Studierende auf einen Wohnheimplatz bewerben.

Über 10.000 Euro mussten 2020 in die Ertüchtigung unserer Wohnheime investiert werden, um den Hygiene-Richtlinien gerecht werden zu können und alle Wohnheime entlang der jeweils gültigen Corona-Richtlinien auszustatten. Glücklicherweise gab es nur einige wenige dokumentierte Corona-Fälle unter unseren Mieter*innen. Aufgrund unseres sehr guten Hygienekonzeptes waren die Bewohner*innen zu keiner Zeit einer unnötigen Ansteckungsgefahr ausgesetzt.

Im Lock-Down gestrandet
Sehr wichtig war die Arbeit unserer Wohnheimtutor*innen, die ich positiv herausstellen muss. Durch die Bestimmungen waren viele – besonders ausländische Studierende – aufgrund der Reisebeschränkungen stark in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und auf das kleine „Universum Wohnheim“ zurückgeworfen. Viele national Studierende hatten die Wohnheime verlassen, um ihr Online-Studium vom Heimatort aus fortzusetzen. Für die verbliebenen Bewohner*innen waren die Wohnheimtutor*innen daher wichtige Ansprechpartner für alle Sorgen und Nöte. Bei vielen Studierenden stellte sich ein Gefühl der Einsamkeit und sozialen Isolation ein. Auch im Quarantänefall konnten sich die Studierenden auf unsere Tutor*innen verlassen. Sie übernahmen Aufgaben wie Einkaufen, Wäsche waschen und – unterstützt von unserer Kommunikationsabteilung – die Corona-Kommunikation im Wohnheim. Darüber hinaus waren sie Ansprechpartner*innen für Studierende, die unter der Einsamkeit am Campus und in den Wohnheimen gelitten haben und haben sich um eine Basis des sozialen Miteinanders gekümmert. Keine leichte Aufgabe für unsere Wohnheimtutor*innen und eine außergewöhnliche Belastung, die sie aber sehr gut gemeistert haben.

Prognosen
Der Leerstand in den Wohnheimen konnte trotz der besonderen Situation kleiner gehalten werden, als am Ende des Sommersemesters 2020 befürchtet. Die Situation wird sich aller Voraussicht nach aber vehement verschärfen, wenn zum Sommersemester 21 das neue Wohnheim in der Landauer Maximilianstraße mit 65 Wohnheimplätzen in die Vermietung geht. Dann ist ein Leerstand – zumindest in Landau – von über 10 Prozent zu erwarten.

Wir glauben nicht daran, dass sich die Situation am studentischen Wohnungsmarkt langfristig maßgeblich verändern wird, auch wenn das Angebot digitaler Lehrinhalte sicher zunehmen wird. Die Pandemie hat die digitale Entwicklung der Hochschulen – wenn man der Pandemie auch mal etwas Positives abgewinnen möchte – nur beschleunigt. Wir lernen eher daraus, dass wir ein noch größeres Augenmerk auf die digitale Ausstattung unserer Wohnheime richten müssen. Wir müssen – was das Internet angeht – schneller, einfacher und in der Bereitstellung sicherer werden. Wir glauben nicht, dass die Zukunft eines erfolgreichen Studiums innerhalb der WLAN-Wolke der Eltern liegt. Dazu ist das Studium auch als Zeit der Sozialisation und für den Aufbau eines selbstbestimmten Lebens für junge Menschen viel zu wichtig und unabdingbar.

Wir hoffen daher sehr darauf, 2021 unsere Aktivitäten zur Schaffung von studentischem Wohnraum wieder aufnehmen zu können und orientieren uns weiterhin an einer Abdeckung mit Wohnheimplätzen in Höhe des landesweiten Schnitts von 10 Prozent. 6,63 Prozent – der gegenwärtige Schnitt der Wohnheimplatzquote aller unserer Standorte – sind langfristig weiterhin viel zu wenig.

Leider zeigt sich – wie bereits seit Jahren – dass der Neubau von Studierendenwohnheimen mit sozialverträglichen Mieten mit den Kreditvorgaben der Investitions- und Struktur Bank (ISB) des Landes Rheinland-Pfalz definitiv nicht machbar ist. Ohne zur Schenkung überlassene Landesgrundstücke oder eine klare, finanzielle Unterstützung pro neu gebautem Wohnheimplatz werden keine weiteren Wohnheimplätze für Studierende gebaut werden können. Das haben wir in den letzten Jahren mehrfach in verschiedenen Projekten durchgerechnet.
Das Land Rheinland-Pfalz darf den Wohnbau für Studierende nicht privatwirtschaftlichen Firmen überlassen. Auch wenn dies – wie die Partnerschaft mit ALDI zeigt – sehr gut funktionieren kann, kann das dennoch nicht das Zukunftskonzept des studentischen Wohnungsbaus sein. Selbst ein „Break-Even-Point“ für das Wohnheimprojekt eines privatwirtschaftlichen Investors generiert immer noch Mieten, die über dem ortsüblichen Niveau sind. Und in aller Regel wollen Unternehmen ja Gewinne erwirtschaften…

Fazit
2020 hat nur beschleunigt, was auch ohne Pandemie passiert wäre: Die längst fällige, weitere Digitalisierung der Lehre an unseren Hochschulen. Erfreulich, dass die Hochschulen auch in dieser Krisensituation den Anforderungen so gut standhalten konnten und die Lehre fortgesetzt werden konnte.

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Digitalisierung – egal wie umfangreich – ein soziales Leben am Campus aber nicht ersetzen kann und wird. Lediglich unser digitaler Nachholbedarf wurde überdeutlich. Eine sinnvolle Digitalisierung von Lehrinhalten im Studium wird aber kein Ersatz sein für die Sozialisierung unseres Führungspersonals von Morgen.

Themen wie schnelles und unkompliziertes Internet in jedem Wohnheim werden dabei immer weiter in den Vordergrund treten. Eine Aufgabe, der wir uns in unseren Wohnheimen sehr gerne stellen.

Sobald unsere Kräfte nicht mehr so stark an den Umgang mit der Pandemie gebunden sind, werden wir wieder Projekte angehen, die zusätzlichen und bezahlbaren Wohnraum für unsere Studierenden schaffen. Unser Ziel ist und bleibt die 10-Prozent-Wohnheimquote an den betroffenen Standorten. Das können wir aber nur mit Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz schaffen.
Wir sind bereit…

Ihr Ansprechpartner für den Bereich
Michael Nebel
Leiter Studentisches Wohnen
Xylanderstraße 17
76829 Landau
Tel.: +49 6341 9179 150
wohnen@stw-vp.de
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